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Tawwa

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Kann jemand etwas zu dem Brief sagen?

Gruß

Tawwa
07.10.18, 01:58:41

balf_de

(Mitglied)

Hallo Tawwa,
du zeigst hier schon den zweiten eindrucksvollen Rundfahrt-Beleg zur Südamerikafahrt 1930, mein Glückwunsch zu den schönen Briefen!

Zitat von Tawwa:
Kann jemand etwas zu dem Brief sagen?

Aus zwei Aspekten möchte ich zu deiner Frage zu den Briefen Stellung nehmen:

Postgeschichtlich sind sie natürlich nicht der „Hit“: für den damals immensen Betrag von 12 RM wurde ein maximal 20 Gramm schwerer Brief von Friedrichshafen nach Friedrichshafen befördert (6 RM kostete eine Postkarte). Damit lässt sich ganz sicher nicht die Möglichkeit einer schnelleren transatlantischen Postbeförderung nachweisen, wie es ja eigentlich die Intention der Zeppelingesellschaft mit den frühen Fahrten nach Nord- und Südamerika sowie mit der Weltrundfahrt 1929 war.
Ein interessantes Detail zeigt dein erster Brief (wobei ich zum Spucke-Thema nichts beitragen kann): er wurde von einem amerikanischen Absender unfrankiert unter Umschlag an den New Yorker Repräsentanten der Zeppelingesellschaft, F.W. von Meister geschickt, dessen Agentur den Sammlern in USA auch Belege mit deutscher Frankatur beschaffen konnte – siehe anliegendes Werbeplakat.
Dein Brief traf dort relativ früh ein: der Paginierstempel zeigt die Nummer 0724; insgesamt wurden für diese Fahrt über 30.000 Karten und Briefe bei von Meister eingeliefert. (Die Nummer 30831 ist die höchste bisher bekannte Nummer für diese Fahrt).
Mit einem Brief aus meiner Sammlung kann ich zeigen, dass die bei von Meister eingelieferten Poststücke diese Nummer schon im Büro von Meister erhielten und erst nachdem sie im Paket terrestrisch befördert in Friedrichshafen ankamen, die Frankatur ergänzt wurde.
Den amerikanischen Sammlern wurde für alle nach USA adressierten Poststücke ein besonderer Ankunftstempel versprochen. Für die per Luftschiff nach Lakehurst beförderte Post (dem überwiegenden Teil der Belege mit USA-Adressen) wurde ein grüner Sonderstempel „Lakehurst, MAY 31 8:30“ abgeschlagen. Aber auch die relativ viel selteneren „amerikanischen“ Rundfahrt-Belege, die über Lakehurst hinaus noch bis zur zweiten Landung in Sevilla (am 5.6.30) oder bis zum Ende der Reise in Friedrichshafen befördert wurden und von dort aus terrestrisch nach USA zurückkamen, erhielten diesen Stempel, der inzwischen auf „New York, JUN 18 8:30“ abgeändert wurde. Roland Kohl, der diese Variante des Stempels in den 1960er Jahren beschrieb, nannte ihn „Rück-Ankunftstempel“.

Der zweite Aspekt ist die Katalogbewertung der so hochwertig frankierten Belege: der Sieger-Katalog nennt in seiner 22. Auflage (von 2001) für die Nummer 57.P) „Friedrichshafen-Friedrichshafen Rundfahrt“ einen Brief-Wert von 600 Euro. Der alte Michel-Katalog (Zeppelin- und Flugpost-Spezial-Katalog 2002 , 2. Auflage) nennt für die Nummer 68)a. 350 Euro, wobei er mit der grundsätzlichen Aussage „Bewertung der Belege mit Zeppelin- und/oder hochwertigen Frankaturen: 50% vom Katalogwert der Fahrt und zuzüglich 50% der Briefbewertung der Marken“ versucht, dass Dilemma der viel zu hohen Katalogbewertungen der Frankatur - in unserem Fall der Nummer 439 – zu lösen. Eigentlich ziemlich hoffnungslos: laut Katalogbewertung müssten wir bei allen unseren Belegen mit diesen beiden Marken die Frankatur ablösen und die losen Marken (439x = 400 €, 439y = 500 €) einzeln verkaufen ...
Der neue Michel – 3. Auflage von 2017/2018 versucht es besser zu machen: er nennt für die Nummer 68)a. jetzt 250 €, wobei er einführend zur Bewertung schreibt: „... gelten die Preise für Normalfrankaturen oder mit Frankaturen einer Südamerikafahrt-Marke zu 2 oder 4 RM. Bei Verwendung mehrerer Südamerikafahrt-Marken ... ist ein Zuschlag von 80-150 € pro Marke zu nehmen“. Kein gutes Deutsch – zugegegebn – aber immerhin etwas realistischer. Wobei wegen der unveränderten Bewertung der losen Marken die quasi-Aufforderung zur Vernichtung der Belege bleibt ...
Übrigens: ich will deine schönen Briefe bestimmt nicht madig machen – aber mir gefallen die Briefe mit etwas geringer wertiger Frankatur genau so gut ...

Viele Grüße
Alfred (balf_de)
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07.10.18, 14:18:49

Tawwa

(Mitglied)

geändert von: Tawwa - 07.10.18, 17:02:29

Hi,

schonmal vielen Dank für die ausführliche Beschreibung.

Eine Anmerkung hätte ich zur Katalogbewertung, diese wäre doch MEF Bewertung einer 4 RM Südamerikafahrt + 2 mal Wert der losen Marke?
So interpretier ich die Michel Briefe Notierung?

Gruß

Tawwa

PS: Aber ansonsten alles "Echt"?
07.10.18, 16:54:46

balf_de

(Mitglied)

Hallo Tawwa,

Zitat von Tawwa:

Eine Anmerkung hätte ich zur Katalogbewertung, diese wäre doch MEF Bewertung einer 4 RM Südamerikafahrt + 2 mal Wert der losen Marke?
So interpretier ich die Michel Briefe Notierung?

Genau da liegt ja das Problem: mit stehendem Wasserzeichen - 439 X - ergibt sich eine Briefbewertung von 1.100 + 400 + 400 = 1.900 Euro, während ein realistischer aktueller Handelspreis bei 300-400 Euro (ggf. erhöht um Auktionszuschläge) liegt. Das sind jedenfalls meine Erfahrungen bezüglich "normaler" Belege, die keine Besonderheiten wie Destinationen, Plattenfehler oder Ähnliches aufweisen.
Nun ist zwar allgemein bekannt, dass man die Michel-Notierungen mit einem Faktor 0,x multiplizieren muss, um den Handelswert zu ermitteln, aber beim neuen Michel-Zeppelinpost-Katalog, dessen Überarbeitung weitgehend unserer Arbeitgemeinschft Zeppelinpost überlassen wurde, sollte das eigentlich vermieden werden ...

Und das ist bei den Fahrten mit den "teuren" anlassbezogenen Sondermarken - Südamerikafahrt 1930, Polarfahrt, Chicagofahrt (von denen wir noch nicht einmal die Auflagenzahlen kennen) - nur sehr bedingt gelungen.

Zitat von Tawwa:

PS: Aber ansonsten alles "Echt"?

Soweit man das anhand eines Scans sagen kann, musst du dir da keine Sorgen machen!

Viele Grüße
Alfred (balf_de)
07.10.18, 19:45:01
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