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Hallo liebe Teilnehmer,

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18.07.12, 19:17:25

vozimmer

(Mitglied)

Wird eine Bergedorfseltenheit mit einer Altprüfung angeboten ist immer Vorsicht geboten. Im vorgestellten Fall handelt es sich um einen in Bergedorf aufgegebenen Brief nach Hamburg Kirch Steinbeck.


Bild 1: Vorderseite der Briefhülle von Bergedorf vom 6. August nach Hamburg Kirch Steinbeck


Bild 2: Die Rückseite

Angeboten wurde das Stück mit folgender Losbeschreibung:
„Hamburg: 1/2 Sch. schwarz, gezähnt, einwandfrei als Einzelfrankatur auf bläulichem, kleinformatigem Briefkuvert (rs. unbedeutend hinterklebt), entwertet mit dem Fünfstrich-Stpl. von Bergedorf, nebengesetzt der Ortsstpl. aus der bekannten 'Hansen-Korrespondenz' nach Kirch Steinbek, rs. Ovalstpl. 'Hamburg'. Der Brief ist nachtaxiert (die Portosenkung für Briefe nach Hamburg auf 1/2 Sch. erfolgte erst am 15.06.1866). Unterfrankierte Briefe von Bergedorf sind so gut wie unbekannt. Offensichtlich nur zwei weitere Briefe und eine Briefvorderseite bekannt, sig. Drahn. Pendant aus der Boker-Slg. erzielte 30.000,-- DM!

Zur Einschätzung der Seltenheit eines solchen Stückes kann man den Bergedorf-Katalog von K-H Hornhues als Referenz nehmen, ein Brief mit einer Hamburg 11 wird dort schon recht hoch notiert. Eine Portounterschreitung ist dabei nicht berücksichtigt und diese macht den Brief praktisch zum Unikat.

Die Gefahr, die in dem Stück schlummert ist nicht die, dass es sich um eine Ganzfälschung handelt, sondern eher die, dass der Brief verfälscht wurde.
Im konkreten Fall bedeutet es, dass möglicherweise ein normaler markenloser Beleg aus der Portoperiode nach dem 15.o6.1866, bar bezahlt mit einem halben Schilling als Grundlage für die Verfälschung benutzt wurde.
Denken wir uns einfach die ½-Schillingmarke weg, dann haben wir genau so einen Brief vor uns, die Notation des Francos „1/2“ mit Rötel passt perfekt. Auch das Prüfzeichen „Drahn“ kann zu diesem Zeitpunkt auf den Brief gekommen sein, markenlose Belege von Bergdorf wurden gerne geprüft und signiert.

Betrachten wir den Ausschnitt des Briefes um die Marke herum, fällt auf, dass weder der Textbogenstempel auf die Marke, noch der 5-Strich-Stempel auf den Brief übergeht.


Bild 3: Ausschnitt Vorderseite

Deutlicher wir das ganze, wenn man die Geometrie (= Reduktion des idealen Stempelabschlages auf wenige geometrische Merkmale) des 5-Strich-Stempels und einen von einem anderen Brief freigestellten Textbogenstempel über den Brief legt.


Bild 4: Ausschnitt mit Geometrie und übergelegtem Textbogenstempel.

Klar erkennbar ist, dass der Übergang vom 5-Strichstempel auf den Brief fehlt, auch würde man erwarten, dass vom Textbogenstempel etwas auf der Marke zu sehen ist. Letzteres ist kein so starkes Indiz für eine Manipulation, da der Stempel nach rechts gesehen recht schwach abgeschlagen ist, es ist aber zu bedenken, dass die Marke eine Erhöhung darstellt und der Stempel dort zumindest eine Spur hinterlassen sollte.
Betrachtet man nun den Rand der Marke, so fällt ein dunkler Schatten auf, der darauf hindeutet, dass die Marke nicht originär auf dem Brief haftet. Ein weiterer Hinweis auf die Manipulation ergibt sich durch den Ankunftsstempel von Hamburg, der genau im Bereich der Jahreszahl beschädigt ist.

Zu diesem Zeitpunkt der Untersuchung war ich mir recht sicher, dass die Marke nicht auf den Brief gehört, … wären da nicht noch zwei Stempelfragmente auf dem Brief zu erkennen, die so gar nicht ins Bild passen.


Bild 5: Ausschnitt mit nicht zuordbaren Stemeplfragmenten

Jetzt dämmerte es mir, einerseits fehlende Stempelübergänge, andererseits zwei unmotviert erscheinende Stempelfragmente, die von einem 5-Strich-Stempel stammen können.
Ich habe die Marke in dem Bild auf dem Computer freigestellt, das entstehende „Loch“ grob mit dem Blau des Umschlages gefüllt und die Marke dann gedreht wieder ins Bild montiert.
Das Ergebnis zeigt das nächste Bild.


Bild 6: Ausschnitt mit gedrehter Marke

Die beiden Stempelfragmente ergänzen den fehlenden Übergang sehr gut. An der fraglichen Stelle der Marke sind auch Spuren des Texbogenstempels erahnbar.
Meine These ist die, dass die Marke zum Brief gehörte, dass sie bei einer Prüfung (ggf. von Hr. Drahn) vom Brief gelöst wurde (die war ein übliches Verfahren um den Zustand der Marke festzustellen) und dann falsch replatziert wurde. Diese These zu verifizieren ist mir an den Bildern jedoch nicht möglich, eine detaillierte Untersuchung des Stückes im Original würde mich schon reizen.

Viele Grüße, Volker

Volker Zimmermann, Postgeschichte Bergedorf
18.07.12, 19:18:25

carolinus

(Mitglied)

Lieber Volker,

m.E. besteht kein Zweifel daran, dass die Marke so nicht original auf dem Brief klebt. Die Möglichkeit, die du aufzeigst, halte ich für plausibel. Dass sich eine Vielzahl von weiteren Fragen ergeben, liegt auf der Hand.

Viele Grüße,
carolinus

Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
18.07.12, 19:40:12

bayern klassisch

(Gast)

Lieber vozimmer,

das ist graphisch schön dargestellt, aber ich würde es ausschließen, dass ein renommierter Prüfer nicht wußte, wie die Marke auf dem Brief lokalisiert war.

Bei Attesten wird zuvor das Foto geschossen, was den "Rückbau" simplifiziert. Zwar gibt es hin und wieder bei der Rückklebung Abweichungen im mm - Bereich, aber ein Drehen der Marke durch die Hand eines BPP schließe ich aus.

Möglich wäre ein Entfernen der Marke aus Vordruckalbengründen und ein späteres aufkleben durch einen unbedarften Sammler (die Marke selbst ist ja keine Rarität).

Ob es aber die nämliche Marke ist, die heute auf dem Brief prangt, auch wenn die Übergänge zu passen scheinen, wird kaum jemand attestieren wollen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
18.07.12, 20:37:33

admin_j

(Mitglied)

Hallo,

wie Volker schon sehr richtig schrieb, wäre die Prüfung am Original einfacher. Die Frage, ob die Marke original haftet, wäre abschließend zu beantworten.

Man wird allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, das die Marke schon einmal abgewaschen war.

Am Original könnte die Zusammensetzung der Stempelfarbe auf Marke und Brief beurteilt werden. Pigmente, UV-Reaktion und Verteilung des Trägermaterials dürften Aufschluss geben.

Drahn dürfte den Brief um 1950 herum signiert haben. Falls er die Marke verdreht hätte, müssten Spuren der alten Position unter UV-Licht zu finden sein. Rund 100 Jahre klebte die Marke ja dann an anderer Stelle.

Die letzte offene Frage bliebe dann, weshalb es für die große Rarität kein neues Attest gibt. Eine Antwort könnte sein, dass eine neue BPP Prüfung bereits abgelehnt wurde.

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18.07.12, 20:47:57

carolinus

(Mitglied)

Frag doch mal bei Veuskens nach, warum er das Teil nicht zu Dr. Mozek schickt.

Vorsichtig formuliert kann sich das Teil in dieser Form nicht wirklich an ernsthafte Bergedorfsammler wenden.

Die Artikelbeschreibung kann ich mir jetzt nicht mehr verkneifen.
Dateianhang:

 Bergedorf HH.jpg (73.04 KByte | 20 mal heruntergeladen | 1.43 MByte Traffic)


Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
18.07.12, 21:14:38

bayern klassisch

(Gast)

Lieber carolinus,

galt denn das 1 Schilling Franko für dergleichen Briefe, wie es die Beschreibung suggeriert?

Wenn ja - hätte man ihn ohne Portozuschlag zugestellt? Bei unterfrankierten Briefen kam ja i. d. R. 1 Schilling Portozuschlag hinzu, so dass es allein von daher nicht passen würde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
18.07.12, 22:08:49

Harald_01

(Mitglied)

geändert von: Harald_01 - 18.07.12, 22:27:38

Zitat von bayern klassisch:
Möglich wäre ein Entfernen der Marke aus Vordruckalbengründen und ein späteres aufkleben durch einen unbedarften Sammler (die Marke selbst ist ja keine Rarität).


Lieber bk,

die Marke ist auch lose mit Bergedorfer Fünfstrichstempel nicht häufig. Dass sie einmal in einem Vordruckalbum steckte, ist deswegen jedoch nicht unmöglich zwinkern

Das Prüfsignum Drahn prangt ja schon viele Jahrzehnte auf dem Brief; wer weiss: vielleicht wurde die Marke damals labil mit Falz replatziert und ist zwischenzeitlich von einem Dilettanten um 90° gedreht festgekleistert worden.

Viele Grüße
(und danke für die interessante Darstellung @Volker)
18.07.12, 22:19:50

rklinger

(Mitglied)

Lieber Volker,
Dein technisch toll gemachter Versuch einer teilweisen Ehrenrettung dieses Briefes überzeugt mich nicht.
Ich habe mal brutalst mit der Histogrammoption meines Grafikprogrammes "gespielt" und muss mich wundern, dass die beiden Teilstriche auf dem Brief bei tieferer Lage in schönem fetten Schwarz strahlen und die höher liegenden Teile auf der Marke eher flau sind. Ich denke Teilstriche und Markenstriche sind zwei verschiedene Abschläge.

Gruß, Roland
Dateianhang:

 Bergedorf.jpg (90.9 KByte | 6 mal heruntergeladen | 545.37 KByte Traffic)


Roland Klinger Postgeschichte New Hebrides (Neue Hebriden, heute Vanuatu) und Solomon Islands (Salomonen).
18.07.12, 23:13:54

admin_j

(Mitglied)

Hallo,

der besprochene Brief dürfte aus 1865 sein. Die "5" dürfte unter dem weißen Papier, gegen Licht, zu sehen sein.

Hier ein vorausbezahlter Brief



Hier ein solches Stück in anderer Richtung, unfrankiert, mit 1 taxiert.


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18.07.12, 23:30:11
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