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admin_j

(Mitglied)

Hallo,

unter der provokanten Überschrift möchte ich versuchen, eine sachliche Diskussion zu dem Thema zu beginnen.

Unser Mitglied hesselbach hat im Café auf den Beitrag bei Basler-Taube hingewiesen, der sich wiederum auf einen Beitrag in der BDPH Zeitschrift "Philatelie" bezieht.

Dort wird von Diskussionsteilnehmern das Ausufern der Farbeinteilungen kritisiert und zum Beispiel als Forderung aufgestellt, man solle nur nur die Markentönungen
aufnehmen, die von Druckereien und/oder Postverwaltungen Ankündigung oder nachträgliche Bestätigung gefunden hätten.

Ich sehe hier unterschiedliche Themenfelder

1. Was sollte im Katalog aufgenommen und bewertet werden
2. Was sollte an Farben geprüft werden
3. Was sollte man an Farben sammeln
4. Wie kann man die unterschiedlich eingeteilte Farben mit einfachen Hilfsmitteln unterscheiden

Vorsicht Falle: Ich habe schon viele Diskussionen zu dem Thema mitgelesen. Oft kommen Einwände von Schreibern, denen jedes Grundwissen fehlt. Auf der Basis kann man nicht diskutieren. Weil man selbst nicht weiß wie es geht, wird bezweifelt das es geht. Das kennen wir auch aus anderen Diskussionen. Oft werden dann die Krone/Adler Marken des deutschen Reiches als abschreckendes Beispiel genannt. Dann wird als Beweis dafür, dass man Farben nicht prüfen kann, Scans von ein paar 10 Pf Werten gezeigt und Laien sollen dann die Farbe einteilen. Ein solches Vorgehen hat nichts mit einer seriösen Diskussion zu tun. Es ist einfach nur Quatsch.

Wer zu Krone/Adler mit diskutieren will, braucht das Buch von Jäschke-Lantelme zu dem Thema, eine Quarzlampe, einen guten Scanner, ein Mikroskop ein ein paar tausend Vergleichsstücke. Das Thema ist für Spezialsammler und es ist nicht zu erwarten und nicht erforderlich, dass es jeder versteht.

Werfen wir einen Blick auf die oben zitierte, puristische Forderung. Erfüllt wurde die nur selten. Wenn die Farbe von rot auf grün wechselte haben wir ja kein Problem und in wenigen Fällen wurden zu blasse oder zu grelle Farben bei einem neuen Auftrag, in neuen Tönen bestellt.

Fazit daraus: Ginge es nach dem Motto, wären 95% der notierten "Farben" weg.

Ich gehe für mich anders vor. Ich habe an vielen Beispielen gezeigt, dann man "Farben" an 256 Graustufenscans (ab 1200 DPI) einwandfrei bestimmen kann. Also brauche ich für diese Gruppe von Marken gar keine kalibrierten Farbtafeln, sondern das Wissen, wie die Farbstruktur aussieht, die Plattenmerkmale waren usw.

Eine andere, große Gruppe, sind Marken die sich dramatisch unter der Quarzlampe unterscheiden. Die Ursache ist einfach. Gerade zwischen 1860 und 1900, wurden viele neue, chemisch unterschiedliche Farben mit gleichem Aussehen auf Papier, verfügbar. Der Druckerei kam es darauf an, dass die fertige Briefmarke eine bestimmte Farbe zeigte. War die neue Farbe lichtbeständiger, einfacher zu verarbeiten oder schlicht billiger zu kaufen, wurde die genommen. Wegen der teilweise völlig unterschiedlichen chemischen Zusammensetzung, unterscheidet sich eben die Struktur und die Farbe unter UV-Licht dramatisch.

Betrachten wir noch eine ganz praktische Vorgehensweise. Ich habe tausende von Marken Preußen Nr. 17 von Kindern ohne jeden Bezug zu Briefmarken nach Farben sortieren lassen. Da kommen sieben Häufchen zu Stande. Im Michel stehen nur zwei Farben. Die Einteilung ist nicht konsequent. Ich bin der Meinung, es gibt sieben Farben. Man kann selbst ausgeblichene und verfärbte Stücke noch auf den richtigen Haufen packen. Wohlgemerkt nicht von Philatelisten sortiert, sondern von völligen Laien.

Wenn ein Regenwaldbewohner oder ein neuseeländischer Menschenfresser die Farben sortieren kann, dann muss auch auch unterscheidbare Farben geben. Man braucht natürlich wirklich viel Vergleichsmaterial.

Fazit: mit fortschreitender Kenntnis ist es möglich, auch ohne Hilfsmittel, real existierende Farbunterschiede zu erkennen.

Je weniger ich weiß und je weniger ich verstehe, desto eher werde ich fordern, weniger Farben zu katalogisieren.

Ein Blick auf die Realität. Warum verzweifelt man an den Farbangaben? Weil es zu wenig Einteilungen gibt! Beispiel:

Altdeutschland Baden, 9 Kr. Nr. 15 oder Nr. 20 ist egal. Die "a" Farbe soll laut Michel hellrötlichbraun bis lebhaftrötlichbraun sein. Tatsächlich ist der Unterschied aber nicht nur die Intensität (hell, also blass, bis lebhaft, also grell), sondern auch ein mehr oder weniger hoher Anteil von rot oder braun. Es müssten mindestens noch die Gruppen mehr gelb (oder braun) und mehr rot, unterteilt werden. Das Problem sind nicht zu viele Farben, sondern zu wenig. Es dürfen ja gerne viele Farben zum gleichen Preis notiert sein. Häufig werden einfach die "Farben" nach vermeintlichem "Wert" zusammengewürfelt. Dann geht eine "a" Farbe schon einmal über 20 Jahre und viele anderen "Farben" liegen einfach dazwischen. In den meisten Fällen geht es ja um unterschiedliche Auflagen und nicht um "Farben".

Zum Schluss für heute zu dem Thema, Farben die sich nicht eindeutig beschreibbar unterscheiden lassen, müssen aus der Katalogisierung verschwinden.


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06.01.09, 15:24:32

carolinus

(Mitglied)

Hallo Jürgen,

eine interessante Demonstration, wie man eine Bayern 13a von einer b unterscheiden kann, hast du vor Zeiten einmal im BDPh Forum gezeigt.

http://www.bdph.de/forum/showthread.php?t=4523&highlight=13a&page=8

bitte hier alle Seiten lesen!

Strukturen in einem Schwarzweißbild! Das war absolut überzeugend und "objektiv". Ich bin fast sicher, dass jeder, der diesen Beitrag gelesen hat, die beiden Farben anhand eines (SW)-Scans voneinander unterscheiden kann. Hier war einfach klar, dass es sich um zwei unterschiedliche angemischte Farbprodukte handeln muss.

Objektiv feststellbar sind z.B. Unterschiede in der Zeichnung, z.B. fehlerhafte Details, Plattenfehler bzw. Feldmerkmale kann man hier – ohne jeden Zweifel – manifestieren.

Das ist objektiv. Jeder kann einen Bergedorf ND oder eine Braunschweigfälschung von einem Original unterscheiden, wenn er eben weiß, wohin er schauen muss.

Sind Farben aber ebenso objektiv? Oder anders gefragt, sind sie objektiv physikalisch einordbar? Das Druckverfahren spielt eine Rolle. Dieselben Farben in einem Stichtiefdruck sehen subjektiv anders aus als bei einem Buchdruck.

Ein Grund, warum ich mich nicht wirklich so sehr mit den Anfangsausgaben des DR beschäftigt habe, war in der Tat die Vielzahl von (wirklichen oder angeblichen!?) Farben.
Das abschreckendste Beispiel erwähntest du, die beschriebenen Krone-Adler Ausgaben führen diese Liste an.

Wer legt eigentlich diese Farbtabelle fest? Ich könnte 20 verschiedene Farben unterscheiden. Andererseits stelle ich plötzlich fest, dass zwei für mich völlig unterschiedlich erscheinende Farben tatsächlich in dieselbe Farbnuance eingeordnet sind.

Bitte nicht falsch verstehen: ich denke, dass auch individuelle Farbsehschwächen eine Wahrnehmung in bestimmten Farbbereichen beeinflussen oder unmöglich machen. Wenn ich die Germaniaexperten über ihre Farben diskutieren sehe, wundere ich mich häufig nur. Ich will nicht bezweifeln, dass sie diese Unterschiede sehen, ich sehe sie eben nicht.

Licht führt übrigens auch zu Veränderungen, Ausbleichungen, dann werden Farbprofile in Richtung gelbrot verschoben?

Und zum Schluss:
Wie „leicht“ kann man scheinbar eine Baden 6 in eine Baden 8 verändern. Und hierbei geht es um eine Veränderung in einem riesigen Farbraum - von grün nach blau.

Ich will jetzt keine Michelfarben zitieren: aber wenn man schon grün in blau kinderleicht verändern kann, wie leicht können dann Farben in Nuancen verändert werden?

Folglich können teure Farben nur geprüft erworben werden, alles andere ist Humbug.

Für mich kann es nur eine Katalogisierung geben, wenn:

- eine klare zeitliche Datierung für bestimmte Farben spricht – z.B. Stempel - Datum eines Belegs
- eine Farbe (bzl. Ihrer Y M C – Bestandteile) in irgendeiner Form objektiv beweisbar ist.

Ich wollte eigentlich gar nicht antworten, aber nun ist es geschehen.

In meinen Sammelgebieten gibt es diese Problematik fast nicht. Vielleicht sammle ich gerade deswegen diese. Bitte nicht falsch verstehen: die Leute, die KroneAdler sammeln und diese Farben voneinander trennen können, bewundere ich schon irgendwie.

Viele Grüße
carolinus

Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
06.01.09, 18:17:50

Roman Scheibert

(BPP-Mitglied)

geändert von: Roman Scheibert - 06.01.09, 22:26:22

Hallo,
ich schließe mich an, wenn ich eine Farbe nicht deutlich durch Sichtkontrolle einwandfrei unterscheiden kann (bestmöglich wäre es durch Festlegen einer prozentualen CMKY/RGB Farbraum Abweichung) sehe ich keinen wirklichen Sinn in einer unterschiedlichen Farbvariantenauflistung.

Ich denke hier muss der Faktor Mensch rausgenommen werden und eindeute, nachvollziehbare Meßmethoden hier, wie bspw. bei der Bestimmung der Zähnung der der Bestimmung der Papierdicke usw.

Die Bestimmung durch einen Graustufenscan ist schon einmal ein sehr guter Ansatz. Sollte ausgebaut und evtl. durch einen Mathematiker in eine Kennzahl gewandelt werden. Vielleicht ist es irgendwann möglich, eine Briefmarken zu scannen und die Bildanylsesoftware sagt: "Abweichung von Farbe X beträgt 12%, Farbe X ist somit innerhalb der Toleranz bestätigt" Also für mich als Informatiker ist das durchaus plausibel. freuen
06.01.09, 22:25:41

vozimmer

(Mitglied)

Zitat von roschc:

Die Bestimmung durch einen Graustufenscan ist schon einmal ein sehr guter Ansatz. Sollte ausgebaut und evtl. durch einen Mathematiker in eine Kennzahl gewandelt werden. Vielleicht ist es irgendwann möglich, eine Briefmarken zu scannen und die Bildanylsesoftware sagt: "Abweichung von Farbe X beträgt 12%, Farbe X ist somit innerhalb der Toleranz bestätigt" Also für mich als Informatiker ist das durchaus plausibel. freuen


Hallo roschc,
Ich habe die Bestimmung der Farbe am Graustufenscan so verstanden, dass es dabei garnicht um die Farbe, sondern mehr um die Struktur der Pigmente geht. D.h., das ganze funktioniert nicht allgemein, sondern im speziellen Fall der 13 a/b von Bayern. Sicher wird es andere Markenpaare geben, die sich so, oder ähnlich unterscheiden lassen, es bleibt aber ein singulärer Ansatz.

Ich kann mir sogar vorstellen, dass es eine solche allgemeingültige Methode der Farbbestimmung "praktisch" nicht geben kann.
Eine Richtung in der man argumentieren kann ist etwa die: Die Farben sind nicht nach Rezepturen nach irgendwelchen RGB-Anteilstabellen mit einer notwendigen Exaktheit von soundsoviel Prozent erstellt worden, sondern mehr oder weniger Zufallsprodukte.
Was wir sehen, sehen wir in einem bestimmten Licht, nach einer bestimmten Alterung unter bestimmten Lagerbedingungen mit einem exrtrem individuellem Sehorgan.
Das Auge können wir ggf. noch ausschließen, aber auch Scanner sind nicht perfekt. Ich stelle mal mutig die These in den Raum, dass das ganze nur funktionieren kann, wenn wir alle den selben (wirklich nur einen und nicht ein Model) Scanner benutzen würden. Das ist aber nur noch theoretisch möglich.
Das sagt dazu ein Mathematiker.
Viele Grüße, Volker

Volker Zimmermann, Postgeschichte Bergedorf
06.01.09, 23:12:56

bayern klassisch

(Gast)

Weil hier Bayern angesprochen und zurecht auf die Unterscheidung 13a/b eingegangen wurde, möchte ich aus meiner gut 35jährigen Erfahrung mit AD im Allgemeinen und Bayern im besonderen meine Sichtweise erläutern:

Am Anfang war die Marke. Die Staatsposten liessen sich von den benötigten Werten Farbproben anfertigen, wählten die sinnvollsten aus und überliessen der Druckerei das weitere Vorgehen.

Ob man mit der einst ausgewählten Farbe mittelkarminrot, oder später doch mit hellmittelkarminrot bzw. bräunlichmittelkarminrot weiter druckte, war damals egal.

Die frühen Sammler sammelten alles, was sie in die Finger bekamen. War eine Marke heller oder dunkler, dann war es eben so.

Schließlich fanden findige Leute heraus, dass man Kataloge erstellen sollte, mit denen die Sammler systematisch auf die Jagd gehen sollten.

Das taten diese auch. Da eine Marke im Katalog einer Beschreibung bedurfte (farbig waren die Abbildungen früher nicht), musste auch die Farbe allgemeinverständlich angegeben werden.

Fanden sich Sammler, die scheinbar andere Farben der betreffenden Marke(n) zu haben glaubten, so wollten sie diese auch in dem Katalogwerk aufgeführt und bewertet sehen.

Der Handel merkte schnell, dass man eine Marke X, wenn man ein paar deutliche Farbvariationen in den Katalog einfließen ließ, als Sammler dann mehrfach benötigte, denn man wollte ja komplett sein.

Hieraus ergab sich, dass, weil gewisse Nuancen häufiger, andere seltener waren, die Katalogpreise stark von einander weg drifteten. Die Schatzsuche war geboren worden.

Ab wann aus einer Marke X eine Xa und Xb wurde, war unbestimmt.

Zurück zur Bayern 13a/b. Hier kann man mit Fug und Recht von einer sinnvollen Unterscheidung reden. Der Preisunterschied ist auch sicher auf allen Ebenen gerechtfertigt.

Was aber der Humbug bei der Nr. 21, um ein Beispiel bei Bayern aufzugreifen, soll, kann man nicht einmal ahnen.

Vor Jahren wurden noch reihenweise 21c und 21d mit Mühlradstempeln als echt geprüft. Dergleichen Atteste aller großen Bayernprüfer hatte ich in Händen.

Seit wenigen Jahren werden keine 21c und 21d mehr mit Mühlradstempeln geprüft, da diese Nuancen angeblich erst nach der Abschaffung der Mühlräder am 10.3.1869 auftauchten.

Was das bedeutet, kann man sich vorstellen. Zwei identische Farbnuancen, die eine vom Februar 1869, die andere vom Oktober 1869, werden jetzt verschieden geprüft, weil nicht sein kann, was nicht sein soll. Hätte der Schreiber seine Februar Marke erst ein halbes Jahr später frankiert, wäre alles in Ordnung. Witz komm raus, du bist umzingelt!!

Vergleichbares gibt es auch von Deutschlands berühmtester Marke, der Schwarzen Eins von Bayern, zu vermelden. Dort hat man sich überlegt, wie man aus der physikalischen Nicht - Farbe schwarz etwas mehr herauskitzeln könnte und ersann a) schwarz und b) tiefschwarz! Der Katalogpreis für die "seltene" tiefschwarze Variante ist dann auch gleich deutlich höher, als für die normale schwarze Ausgabe.

Hätte man einem Münchner Drucker, der ab September 1849 jeden Tag an der Presse stand, von diesem Umstand erzählt, hätte er sich totgelacht. Wer aber heute als Sammler viel Geld in die Hand nimmt, um diese tiefschwarze Schwarze Eins zu erwerben, und der nach Jahren sich vlt. von dem guten Stück trennen muss, dem wird das Lachen des Druckers noch lange in den Ohren klingen, wenn er nämlich einen vierstelligen Betrag für diesen Mumpitz in den Sand gesetzt hat.

Mein persönliches Credo lautet daher:

Kann ich nachvollziehen, dass es wirklich verschiedene Farben, Auflagen oder Pigmentierungen sind, dann nehme ich als Sammler diese Einstufungen an und zahle ggfls. dafür einen entsprechenden Preis.

Will man mir ein X für ein U vormachen, wechseln Farbvorgaben und Katalognotierungen nach Gutdünken, ohne dass es logisch oder visuell ersichtlich ist, ab, dann ist dieses (Teil-)Sammelgebiet für mich gestorben.

Heute, mehr denn je, wird geforscht und in Foren offen und frei darüber geredet. Früher lag die Aura des Gottgegebenen über allen Katalogangaben, die man einfach zu akzeptieren hatte, wollte man nicht außen vor sein. Und der Deutsche glaubt gern, was er schwarz auf weiß vor sich hat.

Je permissiver die einst in Stein gemeißelten Fixierungen auf gewisse "Farben" werden, umso besser ist es für die Sammler und den Sammlermarkt. Falsches wird nicht besser, in dem man es einfach so falsch lässt, wie es ist und schon immer war. Wenn bei einem Sammelgebiet nach 100 oder mehr Jahren noch immer "neue" Farben hinzu kommen, sollte man den Verstand nicht völlig ausschalten.

Kann die Forschung diese an neue Markenauflagen oder geänderte Druckverfahren jedoch festmachen, sind wir im grünen Bereich. Liegen diese Neuorientierungen aber im Hauptinteressensgebiet einzelner, dann sollte man wissen, was zu tun, oder besser, nicht zu tun ist ...

Just my 2 cents.

Gruß vom urmel

07.01.09, 08:48:42

gemuetlich

(Neues Mitglied)

Hallo zusammen,

ich kann Urmel nur voll und ganz zustimmen.
Farbunterschiede werden primär nicht sinnvoll nach CYMK gemessen, sondern nach der Pigmentzusammensetzung zum Herstellungszeitpunkt, wobei das Farberscheinungsbild nicht unwesentlich durch das verwendete Papier und das Druckverfahren bestimmt wird - letzteres kann eine CYMK-Analyse unter dem ohnehin verfälschenden Scan nicht objektiv widergeben.

Seltenheitsrelevante Farbunterschiede sind immer auflagebedingt und rechtfertigen daher, sofern zeitlich oder herstellungsmäßig nachvollziehbar eine philatelistische Beschäftigung, die allerdings fast immer über das normale Maß einer nicht spezialisierten Beschäftigung mit der Materie hinausreicht (markante Fehlfarben oder Farbänderungen ausgeschlossen).

Oft müssen Farbvarianten mit Druckabweichungen in Korrelation gesetzt werden, um selbst zwischen Katalog-Hauptnummern zu unterscheiden - das ist z.B. bei meinem Spezialgebiet USA unvermeidbar, eigentlich sogar zwingend erforderlich. GB ist ein anderes Ausgabeland, für das ähnliches gilt.

Leider bieten die meisten "Farbführer" für sich alleine keine Hilfe. Vielmehr lohnt sich die Investition in mehrere Farbtabellen verschiedener Hersteller (ich z.B. benutze immer parallel Michel und Stanley Gibbons), um das, was der Michel FF als "ähnlichste" Farbe beschreibt enger einzugrenzen.

Beim Sammelgebiet USA ist es ausserdem so, dass man auf Plattennummernblöcke oder Plattenunterschiede zurückgreifen kann um tatsächlich vorhandene, bewusste - nicht herstellungsbedingte - Farbunterschiede zu belegen. Typischerweise gilt die Zeit vor und nach dem ersten Weltkrieg als die "farblich kritischste Zeit", da in diesem Zeitraum zahlreiche Postverwaltungen die farbenliefernde Nation Großbritannien aus ihrem Zulieferprogramm streichen mussten - dazu gehörten neben den USA z.B. auch das Deutsche Reich. Das Problem lag darin begründet, dass das zur Herstellung von Druckfarben (insbesondere der roten und blauen Weltpostvereinsfarben)dringend benötigte Indigo - "Anilinfarben" wurden daraus hergestellt - nicht mehr importiert werden durfte/konnte.

LG
Stefan
10.04.09, 16:43:45

Altsax

(Mitglied)

geändert von: Altsax - 10.04.09, 18:16:51

Zitat von admin_j:

Zum Schluss für heute zu dem Thema, Farben die sich nicht eindeutig beschreibbar unterscheiden lassen, müssen aus der Katalogisierung verschwinden.


Hallo Herr Kraft,

Willkommen im Club der Puristen! Bei Verwirklichung dieser Forderung müßten sich einige Verbandsprüfer nach einer neuen Haupterwerbsquelle umsehen.

Einige Beispiele aus meinem Sammelgebiet Sachsen.

Vor Jahren erhielt eine Drucksache mit einem Paar der Mi 14 ein Attest von Herrn Pröschold, in dem er die Farbe als typische "c" (smaragdgrün) bezeichnete.

In jüngerer Zeit wurde die Farbe von Herrn Rismondo als "d" (blaugrün) bezeichnet.

Nach meiner Erinnerung hat sich die Farbe nicht verändert, sie war immer im Grenzbereich angesiedelt. Herr Rismondo ist lediglich "strenger" in seiner Beurteilung.

Ebenfalls vor Jahren habe ich die Mi 18 "c" (schokoladenbraun) eines Sammlerkollegen mit meiner verglichen. Sie war eine Spur heller. Inzwischen ist sie deutlich dunkler, was Herr Rismondo, der beide Farbzustände kennt, ebenso empfindet. Offensichtlich dunkelt die Druckfarbe unter mir nicht bekannten Umständen nach.

Die Mi 19 war vertragsgemäß im Farbton "lila" zu drucken.
Alle in den Jahren 1863 bis Anfang 1865 verwendeten Exemplare weisen einen bläulichen, teilweise grünlichen, hellen Farbton auf, von lila keine Spur (mehr). Zu Anfang 1867 wurde eine Lieferung moniert, die im Ton zu sehr der Mi 16 glich. Man kann folglich davon ausgehen, daß zumindest zum Lieferzeitpunkt auch die bläulichen Exemplare "lila" waren, weil sie sonst nicht akzeptiert worden wären.

Wegen "Verblassens" des Farbtons dieser Marke verwendete der Drucker ab Anfang 1867 eine neue Anilinfarbe. Das Ergebnis ist auch bei Hamburg-Marken bekannt: Die Marken werden grau mit mehr oder weniger geringen lila Resten.

Was bedeutet das alles?

Farben unterliegen im Laufe der Zeit unterschiedlichen Einflüssen, die sie chemisch und optisch verändern können.

Es kann sehr spannend sein, sich damit zu beschäftigen. Bei einigen Sammelgebieten haben sich wirkliche Sachkenner mit der Problematik auseinandergesetzt, bei anderen sind die Katalogangaben blühender Unsinn.

Wer Farben sammelt, sollte das wissen und sich nicht wundern, wenn plötzlich eine früher hoch gehandelte Varietät aus dem Katalog verschwindet.

Ein immer gültiger Rat:

Ehe man für Farben viel Geld ausgibt, sollte man sich mit Hilfe von preisgünstigen "Schrott"-Marken eine Farbskala anlegen und sich ein eigenes Bild von den Seltenheitsverhältnissen machen.

Altsax
10.04.09, 18:14:54

Roman Scheibert

(BPP-Mitglied)

Kann man mit folgendem Gerät die Farbbestimmung nicht nachvollziehbar realisieren: http://www.pce-group-europe.com/deutsch/product_info.php/info/p2837_Farbmessgeraet-PCE-RGB-2.html ?


10.04.09, 19:49:14

Altsax

(Mitglied)

Zitat von roschc:
Kann man mit folgendem Gerät die Farbbestimmung nicht nachvollziehbar realisieren


Hallo roschc,

die im technischen Sinne "eindeutige" Farbmessung scheitert bei Briefmarken in der Regel an der erforderlichen Mindestfläche.

Nach Auskunft des Laborleiters einer Lackfabrik ist es nicht möglich, reproduzierbare Meßergebnisse bei Meßpunkten von weniger als 2mm Durchmesser zu bekommen. Derartige Flächen wird man beim Briefmarkendruck höchst selten finden.

Wer Briefmarken unter starker Vergrößerung betrachtet, wird feststellen, daß die einzelnen Partikel der Druckfarbe unterschiedlich intensive Töne, wenn nicht gar Farben aufweisen. Eine Messung unter dem Mikroskop führt je nach Meßfeld folglich auch zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Das menschliche Auge "integriert" diese Unterschiede und ist meist verläßlicher als ein Meßgerät.

Altsax
10.04.09, 20:09:00

Roman Scheibert

(BPP-Mitglied)

Ok, dass stimmt. Und wenn es ein Gerät gäbe, dass ähnlich dem menschlichen Auge das Gesamtbild erfasst und den unbedruckten Markenhintergrund ignoriert, wäre es dann nicht möglich?
10.04.09, 21:27:04
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