Hallo,
meine Beiträge zu der nicht genehmigten bzw. nichtamtlichen (Lokal-)Ausgabe aus MÜHLBERG (Elbe), fasse ich hiermit zusammen. Verschiedene Textkorrekturen, Weglassungen und Ergänzungen, habe ich vorgenommen. Jeder Tag bringt neue Erkenntnisse. Damit die liebe Seele eine Ruhe hat, habe ich die in Frage stehenden Aufdrucke nun als
“Fraglich 1“ und
“Fraglich 2“ bezeichnet.
An dieser Ausgabe spiegelt sich der gesamte philatelistische Wahnsinn dieser Zeit, kurz nach Beendigung des II. Weltkrieges, sehr gut wieder.
Wie im Michel zu lesen ist, erfolgte mit Zustimmung des sowjet. Oberkommandanten (welcher Oberkommandant hier gemeint ist, wird nicht erklärt, war es vielleicht der "Oberortskommandant"?) durch eine Privatperson ein Überdruck "Blut und Tränen waren seine Saat, seine Taten waren nur Missetat" auf versch. Hitler-Freimarken. Eine Verbindung zur Oberpostdirektion bestand zu diesem Zeitpunkt nicht und die später zuständige OPD Halle gab nachträglich keine Anerkennung zu dieser Ausgabe. Der Überdruck erfolgte viererblockweise im Buchdruck. Die Überdruckplatte hatte nur vier Felder und jedes dieser lässt sich durch verschiedene Aufdruckstellungen innerhalb der Zeilen unterscheiden. Die verwendeten Typen (Buchstaben) sind auf jeden der vier Felder gleich.
Ein solcher Viererblock ist im Michel abgebildet und mit einer starken Lupe kann man den Aufdruck auch ganz gut erkennen. Ferner kenne ich einen senkr. Sechserblock mit Oberrand, dessen obersten Marken unbedruckt und die untersten doppelt bedruckt sind.
Ein Verkauf am Postschalter soll nicht stattgefunden haben, dennoch kennt man Belege und Briefstücke, welche von echten Poststempelgeräten des Postamt Mühlberg mit Daten vom 21.06. bis 02.08.1945 entwertet wurden (im Michel ist August 1945 bei der Ausgabe vermerkt, dies erachte ich als nicht richtig). Man muss jedoch in Betracht ziehen, dass ein Teil oder vielleicht alle Entwertungen gefälligkeitshalber, evtl. auch oder sogar durchgängig mit rückdatierten Daten vorgenommen wurden.
Zuerst wurden angeblich 184 kpl. Sätze überdruckt. Nachträglich wurden gemäß Angabe im Michel
weitere Aufdrucke hergestellt. Unter weitere Aufdrucke verstehe ich andere als die bisherigen! Bei dieser Angabe aber schon in Frage steht, ob nach Kenntnis, dass die OPD Halle keine nachträgliche Anerkennung erteilt und ferner, ob hierzu eine neue Überdruckplatte verwendet wurde? Am 03.08.1945 wurde von der Stadtverwaltung der Restbestand eingezogen und an Händler und Sammler mit Aufschlag zugunsten eines Notfonds veräußert. Der Erlös war über RM 30.000.- und selbst wenn man das doppelte vom aufgedruckten Nennwert je Marke erhalten hat, dann sind das mindestens 6.000 Sätze, die veräußert wurden. War der Aufschlag niedriger, dann dementsprechend mehr. Waren es überwiegend kleine Wertstufen, dann müssen es gaaaanz viele Marken gewesen sein.
Bei dieser wahrscheinlich großen Menge von Marken, die von der Stadtverwaltung veräußert wurde, kommt nach meinem Dafürhalten ein Überdrucken in Viererblocks kaum mehr in Frage und würde auch erklären, warum es andersartige Buchdruckaufdrucke gibt, die in den Typen (Buchstaben) gegenüber den katalogisierten Aufdrucken stark abweichend sind.
Am Markt tauchen Angebote auf, bei denen ungebrauchte Stücke in der später erklärten „Fraglich 1“ und „Fraglich 2“ von einem Herrn Hager signiert sein sollen. Ferner fand sich im Internet ein senkr. Paar der 10 Pfg Hitler im Kupferstichtiefdruck, davon die obere Marke unbedruckt und die untere mit der später erklärten „Fraglich 2“ bedruckt, welches rückseitig mit Prüfersignatur "Richter" versehen ist. Bei verschiedenen Richter-Signaturen in schwarzer Stempelfarbe auf Lokalausgaben fällt auf, dass die Stempelfarbe besonders glänzt und ich diese als fraglich erachte (kommen aber auch auf echten Lokalausgaben vor, die mir vor wenigen Jahren attestiert wurden und ich keine Zweifel an den ausgestellten Attesten habe). Grundsätzlich sollte man sich heute auf Signaturen nicht mehr verlassen, in einem anderen Thread wurden erst kürzlich Hitler-Marken mit falschen Schwarzenberg-Aufdrucken gezeigt, die rückseitig wahrscheinlich echte Richter-Signaturen in violetter Stempelfarbe aufzeigen.
Die mit Abschlägen von echten Stempelgeräten versehenen Stücke dieser Mühlberg-Ausgabe, die ich bisweilen gesehen habe, wurden mit der katalogisierten Überdruckplatte hergestellt. Sollte zu dem Zeitpunkt, an dem in Mühlberg bekannt gewesen ist, dass von der OPD Halle keine Genehmigung zur Verausgabung von Postwertzeichen erteilt wird, weitere Überdrucke erstellt worden sein, so sind diese, egal ob es sich um gleich- oder andersgeartete Überdrucke handelt, als Spendenvignetten oder, wenn nach Veräußerung durch die Stadtverwaltung hergestellt, als Fälschungen anzusehen.
Die im Michel angegebenen Katalogwerte können sich nur auf solche Stücke beziehen, die mit der Überdruckplatte hergestellt wurden, deren Aufdrucke katalogisiert sind. Da nur diese im Michel abgebildet und erklärt sind.
Inkorrekt ist es in jedem Fall, Marken mit anders gearteten Aufdrucken als den katalogiserten anzubieten!
Nachstehend, im Dateianhang, die drei verschiedenen im Buchdruck hergestellten Überdrucke, die am Markt angeboten werden. Links im Bild der katalogisierte, in der Mitte „Fraglich 1“ und rechts „Fraglich 2“ (auf dem Bild sind die beiden fraglichen jeweils als „nicht katalogisiertes Machwerk“ bezeichnet). Gegenüber dem katalogieseierten Aufdruck, lassen sich die beiden fraglichen an bestimmten Buchstaben, welche jeweils deutlich abweichende Typen zeigen, unterscheiden.
Der Aufdruck „Fraglich 1“ zeigt gegenenüber dem katalogisierten Aufdruck deutlich andere Typen, u.a. "W" in "Wirken", "w" in "war", "M" in "Missetaten" (besonders breit) und "S" in "Saat".
Der Aufdruck „Fraglich 2“ wiederum mit abweichenden Typen "W", "w", "M" und "S" (das S bedeutend schmaler und im Mittelteil verdickt).
Die Aufdrucke „Fraglich 1“ und „Fraglich 2“ habe ich persönlich noch nicht in gestempelt gesehen. Bei dem katalogisierten es jedoch auch fraglich ist, wie hoch die Auflage wirklich war bzw. ob mit der Druckplatte, deren Aufdrucke katalogisiert sind, auch noch nach Kenntnisnahme, dass die OPD Halle keine Genehmigung zur Verausgabung von Postwertzeichen erteilt, weiterhin überdruckt wurde. Zumindest wurden auch solche Hitler-Werte überdruckt, für die keinerlei Genehmigung vorlag (also auch nicht von dem sowjet. Oberkommandanten). Verschiedene Nuancen der Aufdruckfarbe lassen diese Frage zu. Zu mehr Erkenntnis könnte man gelangen, wenn man die Aufdruckfarbe im Mikroskop bezüglich ihrer Farbpigmente untersucht. Aber zu welcher Erkenntnis man auch immer bei einer genaueren Untersuchung gelangen mag, es werden immer „postamtlich nicht genehmigte (Lokal-)Ausgaben“, letztendlich private Erzeugnisse bleiben. Ob die Briefe, welche Frankaturen mit der katalogiserte Aufdrucktype tragen und mit Stempelabdrucken von echten Stempelgeräten versehen sind, jemals mit der Post befördert wurden, ist ebenfalls fraglich.
Eine missverständliche Auktionslosbeschreibung, hatte mich in die Irre geführt. Es wurde dort der Eindruck vermittelt, als habe Herr Zierer BPP auch solche Marken als echte signiert, welche die von mir als „Fraglich 2“ benannte Aufdrucktype tragen (dabei war es nur eine Marke im Satz, welche das Signum „ZIERER BPP“ und zugleich den katalogisierten Aufdruck trägt).
Nach nochmaliger Kontrolle ist Fakt, dass die Prüfer Sturm und Zierer keine der fraglichen Aufdrucke signiert haben.
Was genau die Stadtverwaltung Mühlberg für RM 30.000.- an Händler und Sammler veräußerte, wissen wir nicht. Durchaus können hierzu auch neue Überdrucke hergestellt worden sein, aus den Anmerkungen im Michel-Katalog verstehe ich dies so. Diese neuen Überdrucke sind dann rein als Spendenvignetten anzusehen, aber nicht als die katalogisierte "nichtamtliche (Lokal-)Ausgabe".
Wer diese Mühlberg-Ausgabe sammeln möchte, sollte sich nur auf den katalogisierten Aufdruck konzentrieren. Wie von mir bereits dargestellt, erachte ich die nicht katalogisierten, ebenfalls im Buchdruck hergestellten fraglichen Aufdrucke als quasi wertlos. Fälschungen sind es dann, wenn es auch keine Spendenvignetten sind. Spendenvignetten aber nicht den Stellenwert haben, als solche Stücke die verausgabt wurden oder zu einer Verausgabung vorgesehen waren. Laut Michel-Katalog soll ein Verkauf am Postschalter nicht stattgefunden haben und hier sich natürlich die Frage stellt, warum im Michel überhaupt Bewertungen für gestempelt und auf Brief aufgeführt sind? Da passt einiges nicht zusammen, was der Michel unter „Mühlberg (Elbe)“ notiert ist. Vor allem fehlen wichtige Details, welche ich hier in meinem Beitrag hinterfrage, über die dort nicht genügend geschrieben steht.
Nachstehend möchte ich einen Blanko-Beleg zeigen, auf dem sieben verschiedene Marken mit dem katalogiserten Aufdrucken kleben. Jede Marke ist sauber mit Stempel „MÜHLBERG (ELBE) 1 b 02.8.45 – 10“ entwertet (Bildquelle Auktionshaus Felzmann). Zwischen den Marken sehen wir eine blaue Signatur „Hager“.
Jetzt kommen wir zu einem weiteren interessanten Detail, bezüglich dem von „markenmauss“ im Angebot gestandenen und von ebay gelöschten Mühlberg-Satz. Der zeigt nämlich rückseitig eine ganz andere Signatur „Hager“ und die in roter Stempelfarbe. Daraus ergeben sich zwei Fragen:
1) Wer kennt eine Marke mit katalogisiertem Aufdruck und roter Signatur „Hager“, die in Form und Typen von der auf dem bei Felzmann versteigerten Beleg abweicht?
2) Wer kennt eine Marke mit den Aufdrucken „Fraglich 1“ oder „Fraglich 2“, welche die Signatur „Hager“ in der Art zeigt, wie auf dem bei Felzmann versteigerten Beleg?
Die Klärung dieser Fragen könnte weiteres Licht in das Dunkel um die Aufdrucke „Fraglich 1“ und „Fraglich 2“ bringen.
MfG
Markus
Dateianhang (verkleinert):
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